Predigten

Leben im Glauben

Predigt gehalten am 19.Oktober 2025 in der Pauluskirche in Berlin-Zehlendorf

Lesungen: 2.Kö. 19,1-4; Mk. 10,17-27; Jak. 2,14.26

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der war und der da kommt. Amen

Liebe Gemeinde,

der Predigttext für den 18.Sonntag nach Trinitatis steht im Jakobusbrief, im 2.Kapitel. Die rahmenden Verse möchte ich ihnen daraus vorlesen, denn sie beschreiben das Thema, um das es in dieser Lesung geht: „Was hilft´s Brüder und Schwestern, wenn jemand sagt, er habe Glauben, und hat doch keine Werke. Kann denn der Glaube ihn selig machen? … Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.“ Jak. 2,14.26. Zwischen diesen beiden Versen benennt der Schreiber etliche Beispiele dafür, dass der Glaube ohne das Handeln nicht sein kann. Glaube allein im Kämmerlein reicht nicht aus. Da kann alles wunderbar sein und stimmig klingen. Doch was macht der Glaube, die Überzeugung, die Ansicht und Einsicht, wenn sie in das Leben tritt, wenn Menschen da sind, die eine Überzeugung ganz konkret fragen: Was tust du nun? Was sagt dein Glaube zu dieser Situation, was machst du jetzt? Solange das Leben einfach ist und die Entscheidungen eindeutig sein mögen, ist es noch einfach. Aber was geschieht in den Grenzsituationen?

Lieber Gemeinde, ich habe bei ihnen mit der ersten Lesung die Geschichte von Elia wachgerufen du ich möchte ihnen noch ein bisschen von ihm erzählen. Elia ist ein eifriger Kämpfer für den Gott Jahwe, dessen Name Juden nicht aussprechen. Elia heißt übersetzt: Mein Gott ist Jahwe. Die Geschichte im Königebuch erzählt uns, dass Elia mit seinem Glauben an den einen Gott ziemlich allein dasteht. Die anderen Propheten – also Sprecher für diesen einen Gott sind schon bekämpft worden. Sie sind geflohen oder man hat sie umgebracht. Elia scheint allein in dem nördlichen Königreich Israel zu sein. Und die Lage ist gefährlich, denn Ahab ist König und er macht erfolgreiche Politik und seine Frau hat den Gott Baal als Hauptgott für das Reich eingeführt. Seine Priester werden bevorzugt, sie beraten den König und was nicht selten der Fall war, sie redeten so, wie er es hören wollte. Kritik war nicht erlaubt. Elia ist also allein gegen einen König und die Königin mit ihren Priestern.

Nun erzählt uns die Bibel eine Glaubensgeschichte. Elia kommt zu dem Ort Zarepta, was im heutigen Libanon liegt. Dort wohnt er bei einer Witwe, die ihn versteckt. Aus Dankbarkeit aber auch als Zeichen seines Glaubens stellt Elia die Versorgung der Witwe und ihres Sohnes sicher durch das Nichtversiegen von Mehl und Öl, um Brot zu backen. Als der Sohn stirbt und damit auch die Sicherheit und Zukunft für die Witwe als alleinstehende Frau, erweckt er diesen Sohn aus seinem Glauben heraus wieder zum Leben. Elia hat einen starken Glauben, der sogar die Grenze des Todes herausfordern kann. Gott ist mit ihm, will uns die Geschichte erzählen.

Doch dann kommt es zu der Begegnung mit den Baals-Priestern auf dem Karmelgebirge. Wer kann seinen Gott überzeugen, es regnen zu lassen nach mehreren Jahren der Dürre? Das Ergebnis ist klar. Elia mit seinem Glauben schafft es, dass Gott Jahwe Regen schickt und die Katastrophe beendet. Als Zeichen seiner Übermacht erschlägt Elia alle Baals-Priester. Sein Glaube eifert und trägt ihn in die Überheblichkeit und Grausamkeit.

Die Lesung, die wir hörten, schildert Elia nach der Flucht. Er hat begriffen, dass er nichts anders gemacht hat als seine Väter. Sein Glaube hat ihn in den gewalttätigen Eifer geführt, wie es früher schon war und wie wir es bis heute an vielen Orten der Welt sehen können. Die Konsequenz des Elia ist beeindruckend, denn er versteht seinen Fehler und möchte nicht mehr weiterleben. „So nimm nun, Herr, meine Seele!“ Er legt sich unter einen Wacholderstrauch und möchte sterben. Doch Gott lässt das nicht zu. Es gibt noch eine Aufgabe für Elia, sein Weg ist noch nicht zu Ende. Er wird versorgt und ist dann bereit, die Nähe Gottes zu spüren.

Liebe Gemeinde, am letzten Wochenende habe ich diese Geschichte vertont von Felix Mendelsohn-Bartholdy gehört. Ein kraftvolles, eindringliches Werk. Und beim Zuhören sind mir viele Gedanken durch den Kopf gegangen. Ich hörte Stimmen aus meiner Vergangenheit, die sagten: „Du musst nur glauben, das ist das Wichtigste.“ „Gott verzeiht alles.“ Wichtig ist das Evangelium von Jesus Christus, das Gesetz bindet den Menschen an die Sünde.“ „Du musst Evangelium und Gesetz unterscheiden könne! Das ist entscheidend für einen Theologen. Wer das nicht kann, hat das Wesentliche nicht verstanden.“ Solche Sätze waren Lehrmeinungen in meiner Ausbildung. Sie haben mich immer angespornt, bei der Suche nach Antworten im Glauben weiterzumachen.

Ich bin dem Mendelsohn-Bartholdy sehr dankbar, denn ich habe beim Hören der Elia-Story verstanden, dass der Glaube an den einen Gott eine unglaublich kraftvolle Basis ist. Ein Gefäß für die Gegenwart Gottes zu sein, wie Elia, kann das Leben völlig verändern und das Leben befördern. Aber er ist gleichzeitig eine Gefahr, denn der menschliche Verstand kann sich seiner bemächtigen und das Ich aufblasen. Und Elia erlag seinem Eifer für Gott. Beim Hören dachte ich, wie aktuell ist diese Geschichte eigentlich. Immer wieder hören wir von Menschen, die für ihre Überzeugungen, ihren Glauben alles tun: Sie lügen, sie verleugnen, sie kämpfen, sie töten, sie folgen einem, der vorgibt stark zu sein oder den richtigen Weg zu kennen. Und dann ist der Glaube eine gefährliche Waffe, denn er steht über dem Leben.  

Liebe Gemeinde, erinnern wir uns an die Verse aus dem Jakobusbrief. „Der Glaube ist ohne Werke tot.“ So wahr diese Aussage auch ist, reicht sie, wie wir durch Elia verstehen konnten, nicht aus. Auch das Handeln aus Glauben braucht in unserer Welt eine Orientierung und Ausrichtung. Dazu schauen wir auf das Evangelium. Die Frage nach dem ewigen Leben dort ist, die Frage nach dem optimalen Handeln in der Welt, das bei Gott ist und bleibt. Wie kann das am besten gelingen? Und Jesus verweist hier auf die 10 Gebote. Wer sein Handeln in diesen Rahmen stellt, hat eine gute Chance, seinen Glauben für das eigene und das Leben der anderen einzusetzen. Diese Regeln sind eine alte, umfassende Orientierung, die helfen kann, den Glauben in ein angemessenes Verhältnis zur Welt zu bringen. Jesus beginnt bei seiner Aufzählung mit dem zentralen Gebot zum Schutz des Lebens: Töte nicht! Alle anderen weiten den Schutz auf verschiedene Bereiche des Lebens aus. Diese Reihe von 10 Regeln ist leicht zu merken und kann in jeder Situation schnell zu Anwendung kommen. Bin ich noch in dem Bereich mit meinem Handeln oder beginne ich zu diskutieren und Sonderbedingungen zu erdenken.

Die Antwort von Jesus an den Fragenden ist radikal und in seiner Ausdeutung scheitert dieser fromme Mann. Jesus weist darauf hin, dass Reichtum eine verführende Kraft hat die damit wie eine Gottheit auf den Menschen wirken kann. Und somit führt seine Ausdeutung wieder zu Gott, dem einen und in den Glauben. Es ist wie ein Kreis, der sich schließt, eine Frage auf diese eine Antwort gibt, die aber wieder in die Frage führt.

Liebe Gemeinde, halten wir also fest: Unser Glaube an Gott ist keine Geistesübung, sondern er drückt sich aus in dem, was wir machen, wie wir unseren Mitmenschen begegnen, wie wir unsere Überzeugungen leben. Eine Orientierung und Hilfe sind dabei die 10 Gebote, die uns mit unserem Tun hinterfragen. Auch wenn wir meinen, nun die optimale Haltung gefunden zu haben, gibt es immer wieder eine Möglichkeit, einen neuen Aspekt zu suchen. Es ist ein Schutz, der uns vor Überheblichkeit und Glaubenseifer bewahren kann. Der aber gleichzeitig das Leben aus dem Glauben zu einem sehr lebendigen Prozess werden lässt.

Wir sind also eingeladen diesen Weg auszuprobieren. Am besten ist, wenn man einfach beginnt – heute und jetzt. Und sehr hilfreich ist es, wenn man immer wieder Menschen trifft, die ähnliche Erfahrungen machen, um sich mit ihnen auszutauschen. Und um die Segnende Gegenwart des Göttlichen zu spüren, der mit uns geht.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unseren Herrn. Amen.