Rogate – Bitte um Licht
Eine Predigt im Taufgottesdienst gehalten am 22.5.2022 in der Pauluskirche in Zehlendorf zu Joh. 8,12; Mk. 10,46-52
Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen.
Liebe Gemeinde,
wir haben heute NN getauft. Seine Eltern haben ihn in die Gemeinde gebracht, da sie möchten, dass er ein Teil der christlichen Gemeinschaft ist und immer mehr wird und um ein Zeichen der Hoffnung zu setzten in einer Zeit von Unsicherheit. Wir danken ihnen für dieses Zeichen.
Ja, die Zukunft scheint für viele Menschen wenig hell zu sein. Alles, was wir mit Licht verbinden nämlich Helligkeit, Klarheit, Zuversicht, Hoffnung, aber auch die Gegenwart Gottes, scheinen in der heutigen Zeit getrübt und verdunkelt zu sein. So ist es gut, wenn wir am Sonntag Rogate – was übersetzt betet heißt – über die Bitte um Licht nachdenken. Ns Taufspruch gibt uns einen guten Hinweis aus dem Johannesevangelium. „Jesus spricht: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Traditionell wird der Vers verstand, dass Jesus vorangeht und die Glaubenden ihm folgen. Jesus ruft zu Nächstenliebe, zu Verständnis, Offenheit und zum Glauben an Gott. Er ruft in die Gemeinschaft, die sich in diesem allen übt, die als christliche Gemeinde ein Zeichen in dieser Welt ist. Aber die sich auch in dieser Gemeinschaft gegenseitig unterstützen und halten will. Angesichts der Fragen der Zeit wird es sehr deutlich, dass wir die Gemeinschaft brauchen, um unsere Fragen aussprechen zu können und nach Antworten zu suchen. Und so können wir erleben, dass wir in dieser Gemeinschaft Lebendigkeit aus dem Glauben an Jesus Christus erfahren, eine Lebendigkeit, die Hoffnung stiften und Zukunft eröffnen kann. Das Wünschen wir dem Paul, seinem Bruder und der ganzen Familie.
Liebe Gemeinde, der Satz „Ich bin das Licht der Welt“ hat aber noch einen anderen Hintergrund. Dazu müssen wir in die Geschichten der Torah, den 5 Büchern Mose schauen. In der Geschichte von Mose am brennenden Dornbusch begegnet Gott dem Mose in dem Glühen, dass den Strauch nicht verzehrt. Und Mose bekommt den Auftrag, das Volk Israel aus Ägypten in die Freiheit zu führen. Mose selbst zweifelt daran, dass er überhaupt in der Lage sein wird, dies zu tun. Doch Gott lässt nicht locker, bist er ihm seinen Namen offenbart. „Gott sprach zu Mose: Ich bin, der ich bin. So sollst du zu den Israeliten sagen: „Ich bin“ der hat mich zu euch gesandt.“ (Ex.3,14) Wenn Jesus hier vom Licht der Welt spricht, dann weisen seine Worte weit über seine eigene Person hinaus. Sie richten sich auf den Gott der Lebendigkeit, der im Entstehen der Welt das Leben hervorrief und es jeden Augenblick neu bewirkt. Jesus weißt uns auf Gott, dem Licht der Welt, dem Licht das Leben bewirkt und ermöglicht. Der Tod ist nicht die Grenze des Lebens wie der Epheserbrief diese Osterhoffnung ausruft und beschreibt. Der Augenblick der Lebendigkeit, das „Ich bin“ ist überall und zu allen Zeiten. erfahrbar. Manchmal mag die Welt dunkel sein und die Klarheit, das Licht, die Erkenntnis scheinen zu fehlen.
Liebe Gemeinde, wir hörten im Evangelium die Geschichte von Bartimäus. Er war blind. Ja, er war ein Mensch, dem das Licht der Augen, die Klarheit seines Lebens, die Erkenntnis der Gemeinschaft fehlte. Und so saß er als Blinder am Stadttor von Jericho und bettelte jeden Tag für seinen Lebensunterhalt. Er war ein Ausgestoßener der Gesellschaft, aber auch ein Ausgestoßener in der Gemeinschaft der Glaubenden. Wer ein solches Schicksal hatte, der muss Schuld auf sich geladen haben, der muss etwas vor Gott falsch gemacht haben. Die Menschen sahen in Krankheit eine Strafe von Gott, durch die dieser Mensch nicht mehr mit allen Rechten dazu gehörte. Und so galt es diese Krankheit duldend hinzunehmen und das damit verbundene Leben zu ertragen.
Bartimäus will aber nicht ertragen. In ihm gibt es eine Hoffnung, ein Licht, das ihn nicht verlassen hat. Und er erspürt, dass in diesem Jesus von Nazareth dieses winzige Licht in ihm einen Widerschein findet. Aus dieser Hoffnung heraus ruft er nach Jesus und in seinem Ruf wird deutlich, dass er an den Retter Israels glaubt. Der Sohn Davids wird Gerechtigkeit schaffen in Israel, er wird dafür sorgen, dass die Armen ihren Anteil bekommen, die Ausgestoßenen einen Platz finden, die Kranken Hilfe und Verständnis. Dieser Glaube lebt in Bartimäus. Und als Jesus ihn ruft und ihn fragt: „Was willst du, dass ich für dich tun soll? Antwortet er: Rabbuni, dass ich sehend werde.“ Bartimäus bezeichnet Jesus als seinen Glaubenslehrer – Rabbuni. Und damit wird klar, dass er mit dem „Sehendwerden“ mehr verbindet als nur das Augenlicht. Er möchte in seinem Glauben von dem „Ich bin“ mehr erfahren, erspüren und das alles in der Gemeinschaft mit den anderen Menschen.
Die Reaktion von Jesus ist, wie wir sie möglicherweise nicht erwartet haben. Er antwortet ihm: „Geh‘ hin, dein Glaube hat dir geholfen. Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach.“ (V. 52) In der Gegenwart Jesu spiegelt sich die Glaubenskraft des Bartimäus und dessen Wirkung. Welche großartige Veränderung kann dadurch geschehen, wie sehr kann das Leben eines einzelnen, aber auch der Gemeinschaft eine neue Ausrichtung bekommen. Der Glaube des Bartimäus verändert die Welt.
Liebe Gemeinde, was hier als eine schöne Erzählung daherkommt, beinhaltet jedoch bei genauerer Betrachtung eine tiefgreifende Aussage über den Menschen. Wir müssen uns nämlich fragen, wie wir uns selbst verstehen vor Gott. Sind wir diejenigen, deren Glaube mit dem Licht des Lebendigen verbunden bleibt oder haben wir uns unserem Schicksal ergeben? Welcher Glaube hilft uns denn heute? Springen wir auf und folgen Jesus nach? Oder würden wir uns unserem Schicksal ergeben? Die Fragen dieser Welt nach Frieden und Gerechtigkeit, die Fragen nach der Zukunft unserer Erde, der Umwelt und nachhaltigen Nutzung der Ressourcen sind so dringend, dass wir nichts mehr aufschieben können. Wir brauchen die Bilder unseres Glaubens jetzt. Doch welche haben wir?
Glauben wir an den Frieden, der möglich ist zwischen Menschen, Geschlechtern, Völkern und Rassen? Glauben wir an die gerechte Verteilung der Nahrungsmittel für alle Menschen? Glauben wir an den Frieden zwischen den Menschen und der Natur, an einen verantwortlichen Umgang mit dem Planeten Erde? Werden wir aufspringen und der Erfüllung unserer Träume entgegenlaufen oder am Stadttor sitzen bleiben? Glauben wir, dass wir Menschen ein Spiegel des göttlichen Lichts der Lebendigkeit sind?
Die Bilder unseres Glaubens werden uns helfen in die Zukunft zu gehen und diese zu gestalten. Also beginnen wir unseren Glauben zu untersuchen. Denn da gibt es so einige ABERS, die sich breit machen wollen, die uns abhalten und das Ganze auf Morgen verschieben lassen wollen.
Jesus sagt: Dein Glaube hat dir geholfen. Folgen wir dem, was Licht in die Welt bringt und dieses vermehrt. Folgen wir dem Leben für uns, dieser Gemeinschaft und der Erden. Wir dürfen es tun, denn wir sind dazu gerufen und tuen dies in der Gegenwart Gottes.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unseren Herrn. Amen.