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Rassismus – ein Problem des Denkens


Einheit in Vielfalt

Die zurzeit geführte Debatte über den Rassismusbegriff ist gut und notwendig. Macht sie doch deutlich, dass wir mit unseren Worten unsere Wirklichkeit bestimmen. Wer also von Rassen spricht, wird diese auch in seiner Wirklichkeit wahrnehmen, denn er hat in seinem Denken ein festes Raster installiert, in dem die Unterschiede zwischen Menschen im Vordergrund stehen. Unterschiede sind so bedeutsam, dass sie Grenzen beschreiben und ein Zusammenleben erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen.

Nun haben Wissenschaftler im Bereich der Rassismusforschung herausgefunden, dass die Unterschiede von Menschen nicht so gravierend sind, um von Rassen sprechen zu können. Selbst wenn sie eine andere Hautfarbe haben oder mit anderen Gewohnheiten leben. All dies lässt sich auf Lebensumstände zurückführen. Bedeutsamer bleibt der verbindende Hintergrund zwischen den Menschen.

Als Theologe bin ich über diese Entwicklung hoch erfreut. Im 7-Tage-Schöpfungsbericht wird der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen. Es gibt biologisch gesehen zwei Ausführungen des Menschen als Mann und Frau, was für den Fortbestand von Wichtigkeit ist. Alle weiteren Ideen, die in diesen Bericht hineingetragen wurden, sind Interpretationsmöglichkeiten späterer Zeiten. Der Mensch ist als ein Teil der Welt geschaffen worden, ist vor Gott als solcher zu verstehen. Alle Unterschiede sind aus dem Denken des Menschen entstanden und haben dort seine Ursachen.

Es ist also an uns, die Menschen als eine Einheit zu denken. Wenn wir uns auf die äußeren Merkmale konzentrieren, dann müssen wir feststellen, dass jeder Mensch anders ist als der andere. Es gibt keine Doppelungen. Selbst bei Zwillingen lassen sich Unterschiede festmachen. Die Einheit der Menschen lässt sich also nur erahnen, wenn wir tiefer schauen lernen. Im ältesten Schöpfungsbericht von der Erschaffung des Menschen aus der Erde – Adam aus Adama – wird diesem Erdklumpen der Atem Gottes eingehaucht. Erst dadurch wird der Mensch lebendig. Sind wir äußerlich alle verschieden, so kann uns die innere Lebendigkeit den Weg zur Einheit der Menschen weisen.

In Cornona-Zeiten wird uns sehr deutlich, wie wichtig die verschiedensten Ausdrucksformen der menschlichen Lebendigkeit sind. Wir verbinden uns mit anderen, in dem wir etwas gemeinsam tun und erleben. Das Teilen der Lebendigkeit bricht die Grenze unserer Einsamkeit und lässt uns erfahren, was es heißt, Gemeinschaft zu haben. Wir können aber auch die Erfahrung machen, dass dies nicht nur bei realen Treffen geschieht, sondern auch das Internet ein Hilfsmittel ist, uns diese Gemeinschaft erleben zu lassen.

Beginnen wir also, die Menschen als eine Einheit zu denken. Es könnte der Beginn zu einem neuen Bewusstsein sein, durch das wir mehr die Zusammenhänge verstehen und die darin liegenden Chancen. Sicher werden wir eine angemessene Sprache finden, die der Würde aller Menschen gerecht wird und damit ein Zusammenleben für alle schafft.