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G‘ tt : m/w/d – Vielfalt im Gottesdenken

Ich wähle für diesen Artikel die Bezeichnung G’tt. Jüd*innen schreiben das Wort Gott, sowohl im Deutschen als auch in anderen Sprachen, häufig nicht aus. Der Name wird nicht genannt, das Wort wird möglichst nicht ausgesprochen. Das Hebräische kennt keine Vokale und so wird auch hier der Vokal durch ein Zeichen ersetzt. Zurück geht dieser Umgang auf zwei Regeln der 10 Gebote: „Du sollst den Namen JHWHs, deines Gottes nicht missbrauchen“ und „Mache dir kein Bild von den Dingen im Himmel und auf der Erde“ (2.Mo 20). Was in der Torah untersagt ist, ist eine Eigenschaft unseres Gehirns. Es produziert unglaubliche Mengen von Bildern in jedem Augenblick und zu allem, was einen Reiz auslöst. Und so haben wir uns in unserer Kultur schon längst angewöhnt zu wissen, welche Bilder für diesen G’tt der Bibel passen. Und viele Jahrtausende, in denen die Männer allein das Sagen hatten, haben sie diese Bilder auch in der Sprache geprägt – männlich in den Vorstellungen und in der sprachlichen Darstellung.

Das Männliche schränkt G’tt ein

Aber schon im Schöpfungsbericht überraschen die Autoren mit der Gottebenbildlichkeit, die in männlich und weiblich sich spiegelt. G’tt der in der Verbindung beider Seiten sein Gegenüber sieht. Außerdem taucht eine Mehrzahlformulierung auf „Lasst uns Menschen machen!“ (1.Mo 1,26), die die Theologen in Erstaunen versetzt. War Gott nicht allein? Bei Ausgrabungen in Israel hat man Figuren der Astarte entdeckt, die als G’ttes Ehefrau galt. Und in der jüdischen Auslegung hat G’tt bei der Schöpfung eine Gespielin – die Weisheit, die an seiner Seite ist. Auch der Geist – ruach – ist im Hebräischen weiblich und schwebte über dem Wasser. Der Glaube an den einen Gott hat eine Geschichte, die viele Aspekte der Umwelt und andere göttliche Eigenschaften aufgenommen hat in den JHWH.

Die Barmherzigkeit Gottes

Das Christentum hat durch das Doppelgebot der Liebe die Barmherzigkeit Gottes in den Mittelpunkt gestellt. Das hebräische Wort für „Barmherzigkeit“ (rachamim) leitet sich vom hebräischen Wort für Mutterschoß (raechaem – Gebärmutter) ab. Und so könnte man Barmherzigkeit auch als die „Mutterschößigkeit“ G’ttes verstehen. Auf jeden Fall hatte diese Seite einen großen Einfluss auf das Verhalten von Jesus. Er machte keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Seine Zuwendung galt Männer und Frauen in gleicher Weise. In der damaligen religiösen Welt des Judentums war die Frau von geringer Bedeutung. Jesus setzt sich darüber hinweg und kritisiert damit auch geltende Praxis.

In der Ikonographie erscheint Jesus als androgynes Wesen, der Männliches und Weibliches in sich vereint. Diese knüpfen damit an die Vorstellung an, dass es einen Vormenschen vor der Schöpfung gab, in dem beide Seiten vereint waren (vgl. 1.Mo 2,18) Auch seine Anhänger die Christen waren bestrebt die Unterschiede untereinander aufzuheben. Paulus sagt von der Taufe (Gal.3,27f): „Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ Machen wir uns die Inhalte unseres Glaubens in der heutigen Zeit klar, dann warten noch viele spannende Herausforderungen auf uns.